Medizin am Abend Berlin - MaAB- Fazit: Wie gut ist das Herz durchblutet? Empfehlungen zu bildgebenden Verfahren bei ischämischen Herzerkrankungen
Ob akut oder chronisch verengte Herzkranzgefäße – wenn es darum
geht, Durchblutungsstörungen des Herzmuskels zu erkennen, zu behandeln
oder ihnen rechtzeitig vorzubeugen, sind quantitative bildgebende
Verfahren unverzichtbar.
Ein interdisziplinäres Team, an dem auch
Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung
(DZHK) federführend beteiligt waren, hat nun erstmals ermittelt, welche
Methode für Patienten mit unterschiedlichen Krankheitsbildern am besten
geeignet ist, um die Durchblutung des Herzens zu messen.
Die Ergebnisse
haben die Forscher als gemeinsame Konsensuserklärung in Nature Reviews
Cardiology veröffentlicht.
Dreidimensionale Rekonstruktion der Blutgefäße im Herzmuskel
© Nature Reviews Cardiology
Herzstück der Arbeit ist eine Tabelle mit spezifischen
Handlungsempfehlungen, die übersichtlich darstellt, welche quantitativen
bildgebenden Verfahren je nach Patient und vorliegendem Krankheitsbild
angebracht sind.
„Das Besondere ist, dass Wissenschaftler
unterschiedlicher Disziplinen,
nämlich Kardiologen, Physiologen,
Nuklearmediziner, Physiker und Radiologen, diese Tabelle für die
verfügbaren bildgebenden Methoden erarbeitet haben“, sagt Professor Marc
Dewey, DZHK-Wissenschaftler und stellvertretender Direktor der Klinik
für Radiologie am Campus Mitte der Charité – Universitätsmedizin Berlin.
„Bislang gab es immer nur Richtlinien einzelner Fachgesellschaften oder
einzelne Techniken standen im Fokus.“
Neue Erkenntnisse zur Methode der Wahl
Die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Techniken erörterten die
Wissenschaftler mithilfe eines systematischen, mehrstufigen
Bewertungsverfahrens.
Für manche Erkrankungsformen hat sich dabei klar
abgezeichnet, dass eine Methode allen anderen überlegen ist, bei anderen
kommen hingegen mehrere in Frage. „Diese Erkenntnisse hatte man so bis
jetzt noch nicht und ich hoffe, dass sie die klinische Praxis verändern
werden“, sagt Dewey.
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Beispielsweise profitieren Patienten, bei denen zusätzlich eine
Herzschwäche vorliegt, am meisten von einer Magnetresonanztomographie
(MRT), da neben der Durchblutung auch die Herzfunktion beurteilt werden
kann – und ob Bindegewebe den Herzmuskel ersetzt hat (Fibrose).
Invasive
Flussmessungen sind sehr gut geeignet bei Patienten mit bekannter
koronarer Herzkrankheit (KHK) oder einer hohen Wahrscheinlichkeit für
eine KHK.
Die
Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ermöglicht die
absolute Quantifizierung am genauesten und ist deshalb besonders für
Patienten mit KHK mehrerer Gefäße geeignet.
Die Szintigraphie ist
hingegen das am breitesten verfügbare Verfahren, mit dem dank neuer
Technologien jetzt auch eine Quantifizierung möglich ist.
Die
Echokardiographie ist die Methode der Wahl, wenn Ärzte den Blutfluss im
Herz von bettlägerigen Patienten darstellen wollen, da sie die
Untersuchung am Krankenbett vornehmen können.
Auch die
Computertomographie (CT) kann die Durchblutung messen und ermöglicht es
als einziges Verfahren, mögliche Verengungen und Ablagerungen an den
Herzkranzgefäßen gleichzeitig darzustellen.
„Unser Konsensusdokument hilft, die bestmögliche Diagnosestrategie
auszuwählen, und könnte daher dazu beitragen, individualisierte
Vorschläge für die nachfolgende Therapie zu entwickeln“, so Dewey. Er
hält es außerdem für wichtig, dass auch Patienten Zugang zu dieser
Tabelle haben, um sie zu befähigen, ihre eigenen Wünsche und
Vorstellungen einzubringen.
Offener Prozess
Der Berliner Radiologe erwartet, dass die Empfehlungen erst einmal für
vier bis fünf Jahre gültig bleiben, bevor sie angesichts der stetig
fortschreitenden Technologien überarbeitet werden müssen. Er und seine
Kollegen sind dabei offen für neue Entwicklungen und Mitglieder. Bislang
setzt sich ihr Team aus europäischen Wissenschaftlern zusammen, aber
auch Mitstreiter aus Asien oder den USA sind willkommen. Insofern könne
man ihre Publikation auch als Aufruf für all diejenigen verstehen, die
sich zukünftig an diesem Entscheidungsprozess beteiligen wollen, sei es
bei der Aktualisierung oder dem nächsten Thema, den Koronararterien.
Startschuss hierfür war das zweite Treffen der Quantitative Cardiac
Imaging Study Group am 9. März 2021 in Berli.
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Prof. Dr. med.
Marc Dewey, stellvertretender Direktor der Klinik für Radiologie am
Campus Mitte der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Mitte,
marc.dewey(at)charite.de
Potsdamer Str. 58
10785 Berlin
Deutschland
Berlin
Christine Vollgraf
Telefon: 030 3465 52902
E-Mail-Adresse:
christine.vollgraf@dzhk.de
Originalpublikation:
Originalarbeit: Clinical
quantitative cardiac imaging for the assessment of myocardial ischaemia.
Marc Dewey, Maria Siebes, Marc Kachelrieß, Klaus F. Kofoed, Pál
Maurovich- Horvat, Konstantin Nikolaou, Wenjia Bai, Andreas Kofle,
Robert Manka, Sebastian Kozerke, Amedeo Chiribiri, Tobias Schaeffter,
Florian Michallek, Frank Bengel, Stephan Nekolla, Paul Knaapen, Mark
Lubberink, Roxy Senior, Meng-Xing Tang, Jan J. Piek, Tim van de Hoef,
Johannes Martens and Laura Schreiber & on behalf of the Quantitative
Cardiac Imaging Study Group. Nat Rev Cardiol (2020). DOI:
10.1038/s41569-020-0341-8