Medizin am Abend Berlin MaAB - Fazit: Mechanismus zum Zusammenhang von Alter, Stress und Herzinfarkt gefunden
Alter und Stress führen zu einem erhöhten Krankheitsrisiko sowie zu
verstärkten Entzündungsprozessen.
Welche molekularen Vorgänge dahinter
stecken, weiß man nicht.
- Bekannt ist, dass Alter und Stress sich
epigenetisch auswirken, sprich sie beeinflussen, ob bestimmte Gene
stärker, schwächer oder überhaupt nicht abgelesen werden.
Epigenetische
Veränderungen sind normal, werden aber durch den Alterungsprozess sowie
durch Stress beschleunigt.
Je mehr Stress, desto schneller schreitet das
„epigenetische Altern“ voran.
Forscher des Max-Planck-Instituts für
Psychiatrie haben untersucht, ob diese epigenetischen Effekte Moleküle
beeinflussen, die an Entzündungsprozessen beteiligt sind.
Im renommierten Fachjournal PNAS wurden ihre Studienergebnisse
jüngst veröffentlicht. Erstautor Anthony S. Zannas und seine Kolleginnen
sowie Kollegen werteten Daten von mehr als 3000 Teilnehmenden im Alter
zwischen 18 und 87 Jahren aus.
- Sie konnten zeigen, dass epigenetische
Veränderungen, die durch Stress und Alter entstanden sind, mit
Veränderungen im Immunsystem zusammenhängen, die entscheidend für
entzündliche Prozesse bei cardiovaskulären Erkrankungen sind.
- Durch viel
Stress erfolgt eine schnellere epigenetische Alterung in Genen, die das
Immunsystem regulieren und dadurch ein höheres Risiko für einen
Herzinfarkt.
Der epigenetische Effekt von Stress und Alter zeigt sich durch die
Reduzierung der so genannten
Methylierung des Gens FKBP5.
Das an der
Stress-Physiologie beteiligte Protein wird durch diesen Prozess stärker
abgelesen.
- Das führt zu einer gesteigerten Entzündungsreaktion durch die
Aktivierung des wichtigen Immunregulators NF-kB.
Dadurch entsteht ein
höheres Risiko für cardiovaskuläre Erkrankungen.
„Die durch den
Alterungsprozess und Stress hervorgerufenen epigenetischen Veränderungen
im Immunsystem können ein Risikofaktor für Entzündungen sowie
Herzinfarkte sein“, fasst Zannas zusammen.
- Anders gesagt zeigen
Patienten, die einen Herzinfarkt erlitten haben, genau die
epigenetischen Veränderungen, die durch vermehrten Stress und den
dadurch beschleunigten Alterungsprozess entstehen.
Die MPI-Forscher haben auch den umkehrten Effekt auf Zellebene
überprüft: durch die Hemmung oder
Löschung von FKBP5 in Immunzellen
wurde die Reaktion auf das Immunsystem unterbunden.
Neue Behandlungsansätze
Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass durch Alter und Stress
entstandene epigenetische Effekte Entzündungsprozesse beschleunigen.
Sie
könnten dadurch eine entscheidende Rolle für die Entstehung
cardiovaskulärer Erkrankungen spielen.
„Damit konnten wir einen
Mechanismus identifizieren, der verantwortlich sein könnte für die
Häufigkeit cardiovaskulärer Erkrankungen bei Personen mit
Stress-bedingten psychiatrischen Erkrankungen“, sagt Elisabeth Binder,
Direktorin am Max-Planck-Institut für Psychiatrie.
Die beschriebenen epigenetischen Modifikationen sowie die
Immunveränderungen könnten als Biomarker dienen und helfen, ein erhöhtes
Risiko für Erkrankungen wie einen Herzinfarkt vorherzusagen.
Das
Wissen
um die Zusammenhänge von Stress, Alter und Herzerkrankungen bzw.
epigenetische Veränderungen und Entzündungsprozesse kann außerdem zu
neuen Behandlungsansätzen für Stress-bedingte Erkrankungen führen.
Originalpublikation:
https://doi.org/10.1073/pnas.1816847116
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