Medizin am Abend Berlin Fazit: Entzündung bremst Fettverbrennung
Wissenschaftler der Universität Bonn haben an Mäusen gezeigt, dass
sich überflüssige Pfunde einfach abschmelzen lassen, indem unerwünschte
weiße Fettzellen in energiezehrende braune Schlankmacherzellen
umgewandelt werden.
Medizin am Abend Berlin ZusatzFachThema: Gesundheitskosten im Krankenhaus
Medizin am Abend Berlin ZusatzFachThema: Gesundheitspersonal
Lässt sich dieser interessante Ansatz auch zur
Bekämpfung der Fettleibigkeit einsetzen?
In einer aktuellen Studie
zeigen die Uni-Forscher, warum die bei Übergewicht häufig auftretenden
Entzündungsreaktionen eine solche Umwandlung der Fettzellen blockieren.
Möglicherweise gibt es jedoch einen Ansatzpunkt, diese Hemmung zu
umgehen.
Die Ergebnisse sind nun im Fachjournal „Cell Reports“
erschienen.
Prof. Dr. Alexander Pfeifer Foto: Barbara Frommann/Uni Bonn
Die Vision ist verlockend: Wenn sich Speckrollen durch neue
Wirkstoffe einfach abschmelzen lassen, dann könnte dies auch die
verbreiteten Folgen von Übergewicht verhindern –
wie etwa
Gelenkprobleme, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Das Team um
Prof. Dr. Alexander Pfeifer vom Institut für Pharmakologie und
Toxikologie der Universität Bonn erforscht seit Jahren, wie dies
gelingen könnte. „In Untersuchungen an Mäusen haben wir verschiedene
Ansatzpunkte gefunden,
lästige weiße Fettzellen in erwünschte braune
Fettzellen umzuwandeln“, berichtet Prof. Pfeifer.
- Die braunen Zellen
verfügen über extrem viele Mitochondrien - diese Zellkraftwerke
„verbrennen“ weißes Fett, indem sie es in Wärmeenergie umwandeln.
Folge:
Steigt die Zahl brauner Zellen, verlieren die Mäuse deutlich an
Gewicht.
Bei dieser Fettumwandlung spielt der Signalweg des
Botenstoffs
cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP) eine wichtige Rolle.
„Die
erwünschten braunen Fettzellen sind auf cGMP angewiesen“, erläutert
Prof. Pfeifer.
Wie die Forscher in verschiedenen Studien an Mäusen
zeigten, lässt sich zum Beispiel mit dem verbreiteten
Wirkstoff
Sildenafil oder einem Medikament gegen Lungenhochdruck die Zahl der
weißen Fettzellen zugunsten der braunen reduzieren und damit die
Fettverbrennung wie mit einem Turbo ankurbeln.
Im Bauchfett kommt der Fettverbrennungsturbo zum Erliegen
Ist dies eine mögliche Option, die weltweit stark zunehmende
Fettleibigkeit (Adipositas) effektiv zu behandeln und damit
schwerwiegende Folgeerkrankungen zu verhindern? Dies ist die
Fragestellung, die die Forscher in ihrer aktuellen Studie verfolgen. Sie
verabreichten Mäusen eine besonders kalorienreiche Diät. Anschließend
untersuchten sie die Veränderungen im Fettgewebe der Tiere. Während es
im Unterhautfett der adipösen Mäuse kaum zu Entzündungen kam und der
cGMP-Signalweg weitgehend intakt war,
sah dies beim tiefer sitzenden
Bauchfett ganz anders aus:
Durch die starke Gewichtszunahme hatten sich
entzündliche Prozesse ausgebreitet und der Fettverbrennungsturbo cGMP
war weitgehend zum Erliegen gekommen.
Damit wurde gleich ein doppeltes Fiasko offenbar:
- Das Bauchfett wird
sowieso im Vergleich zum Unterhautfett als viel gefährlicher eingestuft,
weil es Entzündungen auslösen und zum Beispiel
Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern kann.
Nach den neuesten Ergebnissen
der Forscher der Universität Bonn kommt nun noch hinzu,
dass dort auch
das für die Fettverbrennung wichtige cGMP weitgehend blockiert war. Die
Forscher fragten sich deshalb: Lässt sich diese Blockade vielleicht auch
wieder lösen?
Dieser Frage ging Erstautor Abhishek Sanyal aus Prof. Pfeifers Team
nach. Er untersuchte, auf welche Weise Entzündungen den cGMP-Signalweg
hemmen. „
Der Tumornekrosefaktor alpha (TNFalpha) spielt hier eine
wichtige Rolle“, berichtet Sanyal.
„Der Entzündungsfaktor TNFalpha
unterdrückt den cGMP-Signalweg und verhindert damit, dass sich weiße in
braune Fettzellen umwandeln lassen.“
Dass diese Erkenntnisse nicht nur für Nagetiere, sondern auch für den
menschlichen Organismus gelten, konnten die Wissenschaftler in
Kooperation mit dem Universitätsklinikum Leipzig und dem
Karolinska-Institut Stockholm (Schweden) an
humanen Unterhaut- und
Bauchfettproben nachweisen.
Doch sind Anwendungen für
Adipositas-Therapien des Menschen leider noch Zukunftsmusik.
Die
Ergebnisse zeigen jedoch eine Richtung für die weitere Forschung auf:
„Offenbar könnte es bei der Bekämpfung der Adipositas ein möglicher
Ansatzpunkt sein,
neben der Verabreichung von cGMP-stimulierenden
Wirkstoffen gleichzeitig noch die Entzündungsreaktionen zu hemmen“,
schließt Prof. Pfeifer aus den Befunden.
Publikation: Interplay between obesity-induced inflammation and cGMP
signaling in white adipose tissue, Cell Reports, DOI:
10.1016/j.celrep.2016.12.028
Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
www.medizin-am-abend.blogspot.com
Über Google: Medizin am Abend Berlin
idw - Informationsdienst Wissenschaft e. V.
Prof. Dr. Alexander Pfeifer
Institut für Pharmakologie und Toxikologie
der Universität Bonn
Tel. 0228/28751300
E-Mail: alexander.pfeifer@uni-bonn.de

Poppelsdorfer Allee 49
53115 Bonn
Deutschland
Nordrhein-Westfalen
Dr. Andreas Archut
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
http://www.uni-bonn.de/
Medizin am Abend Berlin ZusatzThema:
Schlankheitsmittel versprechen viel – helfen aber nur wenig
Nina Banspach Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Illegal enthaltene Substanzen führten schon zu Todesfällen
Nach den üppigen Feiertagen verspüren viele Menschen den Wunsch, ein
wenig abzuspecken. Einige Schlankheitsmittel versprechen hier oft wahre
Wunder, helfen aber meist nur wenig.
Im schlimmsten Fall können sie
sogar tödliche Folgen haben. Darauf weist das Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hin. Besonders
Mittel, die im Internet angeboten werden, können die Gesundheit schwer
schädigen.
Schlankheitsmittel werden oft in arzneimitteltypischer Form als
Tabletten, Kapseln oder in Pulverform unter der
Bezeichnung
Nahrungsergänzungsmittel (NEM) auf den Markt gebracht.
- Anders als
Arzneimittel sind Nahrungsergänzungsmittel jedoch nur dazu bestimmt, dem
Körper zusätzlich Vitamine, Mineralstoffe und andere Stoffe zuzuführen,
um die normale Ernährung zu ergänzen.
Nahrungsergänzungsmittel dürfen
keine arzneiliche Wirkung entfalten – und damit auch keine Abnehmwirkung
ohne reduzierte Kalorienzufuhr.
Wer sich ein wirksames Präparat
wünscht, muss daher auf gut wirksame Arzneimittel zurückgreifen.
Anders als bei Arzneimitteln durchlaufen Nahrungsergänzungsmittel kein
behördliches Zulassungsverfahren, in dem die gesundheitliche
Unbedenklichkeit vorab nachgewiesen werden muss.
Der Hersteller oder
Importeur ist für die Sicherheit seiner Produkte verantwortlich. Er muss
sein Nahrungsergänzungsmittel beim BVL anzeigen, bevor er es in Verkehr
bringt. Das BVL informiert die Bundesländer über die Anzeigen. Die
Überwachungsbehörden der Bundesländer kontrollieren
Nahrungsergänzungsmittel wie alle anderen Lebensmittel auch
stichprobenartig.
Gefährliche illegale Substanzen
Einige Geschäftemacher versuchen, ihre Schlankheitsmittel wirksam zu
machen, indem sie ihnen illegale Substanzen zusetzen. Solche Produkte
werden hauptsächlich im Internet vertrieben und häufig als „100 %
natürliche“ oder „rein pflanzliche“ Nahrungsergänzungsmittel angeboten.
In der Tat enthalten sie jedoch nicht deklarierte pharmakologisch
wirkende Stoffe in hohen Dosierungen.
Nach Einnahme solcher Mittel
mussten schon mehrere Todesfälle verzeichnet werden.
Um solch gefährliche Produkte im Internet zu identifizieren und den
Verkauf zu stoppen, wurde 2013 beim BVL die
Zentralstelle „Kontrolle der
im Internet gehandelten Erzeugnisse des LFGB und Tabakerzeugnisse“,
kurz G@ZIELT, ins Leben gerufen. Diese durchsucht das Internet im
Auftrag der Bundesländer nach Produkten, die die Gesundheit gefährden
und in Deutschland nicht verkehrsfähig sind. Die Anbieter werden den
Überwachungsbehörden vor Ort gemeldet, die dann die erforderlichen
Maßnahmen ergreifen und das Angebot löschen lassen. Recherchen von
G@ZIELT zu Schlankheitsmitteln wurden unter anderem aufgrund der nicht
angegebenen Stoffe Sibutramin, 2,4-Dinitrophenol und Synephrin
durchgeführt. Auch im Europäischen
Schnellwarnsystem für Lebensmittel
und Futtermittel RASFF gibt es seit Jahren immer wieder Meldungen zu
gefährlichen Mitteln mit diesen Substanzen.
Synthetischer Wirkstoff – Sibutramin
Sibutramin, das als Appetitzügler zur Reduktion von starkem Übergewicht
in Arzneimitteln verwendet worden war, wurde 2010 aufgrund seiner
massiven Nebenwirkungen als Arzneimittelwirkstoff in der EU verboten.
Dennoch wurden immer wieder Lebensmittel gefunden, die Sibutramin
enthielten. Die Sibutramingehalte lagen dabei teilweise weit über den
therapeutisch eingesetzten Dosierungen. Es kam sogar zu Todesfällen. Bei
den Produkten handelte es sich um als
Nahrungsergänzungsmittel
vertriebene Erzeugnisse oder Aufgussgetränke, die als „Slimming Tea“
oder „Weight loss coffee“ angeboten wurden.
Industriechemikalie – 2,4-Dinitrophenol
In Produkten aus dem Internet finden sich oftmals auch
chemisch-synthetische illegale Beimischungen, wie 2,4-Dinitrophenol
(DNP).
Dabei handelt es sich um eine Industriechemikalie, die bei der
Synthese von Farbstoffen, Holzschutzmitteln, Insektiziden und
Sprengstoffen verwendet wird. Wenn DNP in geringer Dosis über einen
längeren Zeitraum eingenommen wird, kann es zu Schädigungen von Leber,
Niere, Blutbildung, Herz-Kreislauf- und Nervensystem kommen. In
verschiedenen Ländern gab es in den vergangenen Jahren mehrere
Todesfälle, die auf den Konsum von Produkten mit unerlaubt zugesetztem
DNP zurückzuführen waren.
Synephrin und Koffein – riskante Kombination
Einige als „rein pflanzlich“ deklarierte Nahrungsergänzungsmittel
enthalten bedenkliche natürliche Wirkstoffe wie Synephrin, das den
Energieverbrauch erhöhen, die Nahrungsaufnahme reduzieren und die
Magentätigkeit steigern soll.
- Synephrin kommt in geringen Mengen in
vielen Zitrusfrüchten vor.
In Schlankheitsmitteln wird Synephrin meist
in hohen Mengen in Kombination mit Koffein angeboten. Das Synephrin wird
dabei meist hinter der Bezeichnung
Bitterorangenextrakt versteckt, das
Koffein hinter der Bezeichnung pflanzlicher Extrakte wie
Guarana, Kaffee
oder Grüntee-Extrakt. Synephrin und Koffein wirken beide auf das
Herz-Kreislauf-System.
- Die Einnahme solcher Kombinationspräparate kann
gefährliche Folgen haben, die von Schlafstörungen, Bluthochdruck und
Herzrasen bis zu Kammerflimmern und Herzinfarkten reichen.
Tipps für Verbraucher
Verbraucherinnen und Verbraucher, die Gewicht reduzieren wollen, sollten
beim Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln Folgendes beachten:
• Nahrungsergänzungsmittel dürfen keine pharmakologische Wirkung
entfalten. Sie dienen nur der Ergänzung der Ernährung. Seien Sie daher
skeptisch bei schnellen und unrealistischen Erfolgsversprechen!
• Seien Sie vorsichtig bei Produkten, die exklusiv im Internet
vertrieben werden. Erfahrungsberichte und Empfehlungen in
Diskussionsforen und Chatrooms entpuppen sich häufig als getarnte
Werbung.
• Kaufen Sie Nahrungsergänzungsmittel nicht von Privatpersonen.
Überprüfen Sie beim Online-Shopping das Impressum des Anbieters auf
Vollständigkeit.
• Nahrungsergänzungsmittel aus dem Ausland können gegebenenfalls in
Deutschland als Arzneimittel angesehen werden. Eine Einfuhr wäre demnach
verboten – der Zoll könnte die Ware beschlagnahmen. Dem Besteller droht
dann eine Anzeige.
• Informieren Sie sich vor dem Kauf über die Ihnen unbekannten Zutaten.
Gerade Produkte im Internet können gefährliche illegale Substanzen
enthalten!
• Holen Sie sich im Zweifelsfall vor der Bestellung von Produkten zur
Ergänzung der Ernährung fachlichen Rat, z. B. beim Arzt oder Apotheker.
• Haben Sie nach dem Kauf eines Nahrungsergänzungsmittels begründete
Bedenken wegen dessen Kennzeichnung und Zusammensetzung, können sie sich
an die für ihren Wohnort zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde des
Landkreises oder der kreisfreien Stadt wenden.
Hintergrund
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ist
eine eigenständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Das BVL ist für die
Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, Tierarzneimitteln und gentechnisch
veränderten Organismen in Deutschland zuständig. Im Bereich der
Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit übernimmt es umfassende
Managementaufgaben und koordiniert auf verschiedenen Ebenen die
Zusammenarbeit zwischen dem Bund, den Bundesländern und der Europäischen
Union.
Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
http://www.bvl.bund.de/nahrungsergaenzungsmittel
Flyer "Fragen und Antworten zu Nahrungsergänzungsmitteln - Was Verbraucher wissen sollten"
http://www.bvl.bund.de/internethandel_lebensmittel
Flyer "Lebensmittel online kaufen! - Tipps für Verbraucher"