Medizin am Abend Berlin: OP verhindert dauerhafte Schäden
Die Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie des
Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden veranstaltet am morgigen
Mittwoch (27. Januar) einen Informationsabend, um ärztliche Kollegen
aus ganz Sachsen auf die Anzeichen und Behandlungsmöglichkeiten des
Altershirndrucks hinzuweisen.
Unter dem Titel „Ohne Demenz, Gangstörung
und Inkontinenz durchs Alter – Normaldruckhydrocephalus rechtzeitig
erkennen“ sprechen die Dresdner Neurochirurgen über die oft übersehene
Kombination der Symptome und die Möglichkeiten, mit einer Operation das
überschüssige Hirnwasser mit einem in den Bauchraum führenden Schlauch
dauerhaft abzuleiten und damit eine Schädigung des Gehirns zu vermeiden.
Seitliche Röntgenaufnahme des Schädels eines Patienten, bei dem ein Shuntsystem implantiert worden ist. Das hier sichtbare Ende des Schlauchsystems reicht in die inneren Hirnkammern während das andere Ende bis in den Bauchraum geführt wird (nicht abgebildet) Über die kreisförmigen Ventileinheiten wird der Abflusswiderstand des Hirnwassers reguliert. Foto: Uniklinikum Dresden
„Herr Konrad*, ein 67 Jahre alter Akademiker stellte sich im Oktober
2014 in unserer neurochirurgischen Ambulanz vor.
Seine Symptome waren
beginnende Demenz im Sinne von Kurzzeitgedächtnisstörungen mit
Harninkontinenz und einer sichtbaren Gangstörung“, sagt Prof. Dietmar
Krex, geschäftsführender Oberarzt der Klinik für Neurochirurgie des
Dresdner Uniklinikums.
Diese Symptomkombination, genannt
Hakim-Trias,
sehen die Spezialisten der Klinik häufiger bei über 60-Jährigen.
- „Demenz, Inkontinenz und ein breitbeiniger, schlurfender Gang während
des ‚Altwerdens‘ sind nicht der Ausdruck des Alterungsprozesses sondern
stellen einen behandelbaren Symptomenkomplex dar.
Je früher wir mit
einer Therapie beginnen, desto besser sind auch die Erfolgsaussichten“,
erklärt Prof. Krex die Anzeichen.
Auch medizinische Laien können sie gut
erkennen und sollen deshalb ebenfalls auf diese Erkrankung aufmerksam
gemacht werden. (* Name geändert)
Das Krankheitsbild, das sich dahinter verbirgt, heißt kurz
NPH:
Normalpressure Hydrocephalus oder deutsch: Normaldruckhydrocephalus.
Der
NPH kann jedoch auch mit anderen
degenerativen Erkrankungen wie zum
Beispiel Morbus Alzheimer oder Morbus Parkinson einhergehen. Da die
meisten Patienten älter als 60 Jahre sind, sprechen die Ärzte auch von
„Altershirndruck“. Die Ursachen sind bis heute nicht ausreichend
erforscht. Es wird aber vermutet, dass in Deutschland etwa 80.000 über
60-Jährige daran leiden.
Experten gehen davon aus, dass etwa jeder
zehnte Demenzkranke eigentlich unter NPH leidet.
Herr Konrad hatte eigentlich Glück, denn anders als bei vielen anderen
wurde bei ihm bereits vor gut fünf Jahren in einer anderen Klinik
erstmals die Diagnose Normaldruckhydrocephalus gestellt.
„Seither
erfolgten immer wieder
Liquorablasspunktionen, also das Ablassen
überschüssigen Hirnwassers durch eine Punktion des Rückenmarkschlauches
in Höhe der Lendenwirbelsäule.
Danach verbesserte sich jeweils sein
Gangbild. Diese Störung in
Form einer Kleinschrittigkeit und „des
Klebens der Füße auf der Erde beim Laufen“ kam jedoch nach wenigen
Wochen wieder. „Zuletzt blieb das Ablassen des Hirnwassers ohne den
gewünschten Effekt, so dass sich der Patient in unserer Klinik
vorgestellt hat“, so Prof. Krex. Die daraufhin gemachten Aufnahmen des
Gehirns mit einem Magnetresonanztomografen (MRT) zeigten, dass alle
inneren Hirnwasserkammern erweitert waren. „Ein eindeutiges Bild. Die
Zusammenschau der Krankengeschichte, der Symptome und der sichtbar
gemachten Strukturen und Formen des Gehirns, bestätigten uns die
Diagnose eines Normaldruckhydrocephalus, so dass wir dem Patienten eine
Operation anboten.“
Die Therapieoption der ersten Wahl war auch bei Herrn Konrad eine
neurochirurgische OP:
- Im Gehirn wird täglich Hirnwasser gebildet, das
aufgrund des begrenzten Kopfvolumens jedoch kontinuierlich ablaufen
muss. Die dafür notwendigen natürlichen „Ablaufkanäle“ sind bei
Patienten mit NPH gestört.
Deshalb schafft das Team um Prof. Krex
eine
„Umleitung“ von den inneren Hirnkammern zum Bauchraum,
in dem das
überschüssige Hirnwasser problemlos vom Körper abgebaut wird. Bei einer
rechtzeitig erfolgenden OP profitieren mehr als 90 Prozent der Patienten
von diesem Verfahren.
Herrn Konrads Zustand besserte sich bereits unmittelbar nach der
Operation deutlich:
Sein Gangbild war sichtbar flüssiger, sicherer – er
konnte mit weiter ausgreifenden Schritten gehen, wies eine höhere
Stabilität der Körperhaltung auf und seine Neigung zu fallen, war
deutlich zurückgegangen. Herr Konrad und seine Frau berichteten auch,
dass sich die Harninkontinenz sowie seine geistige Leistungsfähigkeit
ebenfalls deutlich verbesserten“, berichtet Prof. Krex, der mit seinem
Team bereits eine Vielzahl an NPH-Patienten operiert hat.
„Aktuell können wir den Normaldruckhydrocephalus nicht heilen.
Jedoch
führt das rechtzeitige Erkennen und Behandeln der Krankheit zum
Ausbleiben beziehungsweise zum deutlichen Rückgang der Beschwerden.
Dadurch lässt sich die Lebensqualität sichtbar verbessern. Und das ist
die gute Nachricht, mit der die Betroffenen im Alter häufig gar nicht
rechnen“, sagt Prof. Krex.
Die hausärztliche Rolle bei der Erkennung der NPH und die richtige
Zuweisung der Patienten in die entsprechenden neurochirurgischen Zentren
sind unverzichtbar.
Bei einer Demenz, Harninkontinenz und Gangstörung
sollten alle Mediziner neben degenerativen Erkrankungen auch den
Normaldruckhydrocephalus in die differentialdiagnostischen Überlegungen
mit einbeziehen.
Deshalb entschloss sich die Klinik für Neurochirurgie,
eine Informationsoffensive zu starten und vor allem für ärztliche
Kollegen mit eigener Praxis die Veranstaltung „Ohne Demenz, Gangstörung
und Inkontinenz durchs Alter – Normaldruckhy¬drocephalus rechtzeitig
erkennen“ anzubieten, die am morgigen Mittwoch (27. Januar) im
Medizinisch-Theoretischen Zentrum der Hochschulmedizin Dresden,
Fiedlerstraße 42, 01307 Dresden stattfindet.
Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
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Universitätsklinikum Dresden
Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie
Direktorin: Prof. Dr. med. Gabriele Schackert
Tel. 0351/ 4 58 28 83
E-Mail: Neurochirurgie@uniklinikum-dresden.de
Weitere Informationen:
http://www.uniklinikum-dresden/nch