Medizin am Abend Berlin Fazit: Vor allem Kinder aus bildungsfernen Familien
Bei Kindern aus bildungsferneren Elternhäusern verringert eine
Trennung der Eltern die durchschnittlichen Chancen, dass sie den
Schulwechsel auf ein Gymnasium schaffen. In höher gebildeten Familien
hat eine Trennung der Eltern hingegen in der Regel keinen Einfluss auf
die Schullaufbahn der Söhne und Töchter. Das sind die zentralen
Ergebnisse einer Studie auf der Basis von Daten der Langzeitstudie
Sozio-oekonomisches Panel (SOEP), die der Soziologe Michael Grätz vom
Nuffield College der Universität von Oxford erstellt hat. „Familien aus
höheren sozialen Schichten können den negativen Einfluss einer Trennung
auf den Schulerfolg ihrer Kinder besser abfangen als andere“, erklärt
Grätz.
Die Studie wurde kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift European Sociological Review veröffentlicht.
Im analysierten Zeitraum besuchten etwa 40 Prozent der befragten Schüler
nach der Grundschule ein Gymnasium. Der Besuch eines Gymnasiums
entscheidet zu einem großen Teil über den späteren Bildungserfolg und
damit auch über die Berufschancen von Kindern. Um herauszufinden, wie
sich eine Trennung der Eltern auf die Schullaufbahn von Kindern
unterschiedlicher sozialer Herkunft auswirkt, hatte Grätz Angaben aus
dem SOEP-Jugendfragebogen ausgewertet. In die deutschlandweit
repräsentative Untersuchung flossen zwischen 2000 und 2013 erhobene
Daten von 1648 Jugendlichen im Alter von 17 Jahren ein. Grätz verglich
in seiner Studie die Schullaufbahn von Jugendlichen, deren Eltern sich
in deren Kindheit - a
lso vor ihrem 15. Lebensjahr - getrennt haben, mit
der ihrer älteren Geschwister, die die Trennung erst in einem höheren
Alter erlebt haben.
Im Detail zeigt die Analyse der SOEP-Daten:
Für Kinder aus
bildungsferneren Familien – das sind Familien, in denen weder Vater noch
Mutter Abitur haben – verringert eine Trennung der Eltern die
Wahrscheinlichkeit, dass sie ein Gymnasium besuchen, um fast 15
Prozentpunkte. Die Trennung führt zudem zu schlechteren Noten im Alter
von 16 Jahren in den Fächern Deutsch und Mathematik.
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Für Kinder aus Elternhäusern, in denen zumindest ein Elternteil das
Abitur gemacht hat, wird die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf eine
höhere Schule gehen, durch eine Trennung der Eltern hingegen nicht
beeinflusst. Die Trennung der Eltern führt auch nicht zu schlechteren
Bewertungen in den Fächern Deutsch und Mathematik.
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Vor allem der Bildungsgrad der Väter entscheidet darüber, inwieweit
Eltern die Folgen einer Trennung auf den Schulerfolg der Kinder
ausgleichen können.
„In der Regel leben die Kinder nach der Trennung im
Haushalt der Mutter“, erklärt Michael Grätz. „Väter mit Abitur verfügen
jedoch über mehr finanzielle Mittel und Kontakte als Väter ohne dieses
Zeugnis und können so ihren Nachwuchs auch nach einer Trennung gut
unterstützen und fördern.“
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Die Studie ist ein weiterer Beleg für die soziologische Hypothese, dass
Familien aus höheren sozialen Schichten die Folgen von negativen
Lebensereignissen besser ausgleichen können als andere.
Frühere Studien
haben zum Beispiel gezeigt, dass ein junges Einschulungsalter und ein
geringes Geburtsgewicht die Schullaufbahn von Kindern aus höheren
sozialen Schichten weniger beeinflussen als die von Kindern aus
niedrigeren sozialen Schichten.
STICHWORT SOEP
Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist die größte und am längsten
laufende multidisziplinäre Langzeitstudie in Deutschland. Das SOEP im
DIW Berlin wird als Teil der Forschungsinfrastruktur in Deutschland
unter dem Dach der Leibniz-Gemeinschaft von Bund und Ländern gefördert.
Für das SOEP werden seit 1984 jedes Jahr vom Umfrageinstitut TNS
Infratest Sozialforschung mehrere tausend Menschen befragt. Zurzeit
sind es etwa 30.000 Befragte in etwa 15.000 Haushalten. Die Daten des
SOEP geben unter anderem Auskunft über Einkommen, Erwerbstätigkeit,
Bildung, Gesundheit und Lebenszufriedenheit. Weil jedes Jahr dieselben
Personen befragt werden, können nicht nur langfristige gesellschaftliche
Trends, sondern auch die gruppenspezifische Entwicklung von
Lebensläufen besonders gut analysiert werden.
STICHWORT JUGEND-FRAGEBOGEN SOEP
Mit Hilfe eines Jugendfragebogens werden im SOEP seit dem Jahr 2000
Daten zu kinder- und jugendspezifischen Themen erhoben. Diesen
Fragebogen beantworten alle 17-jährigen Jugendlichen, die erstmals
persönlich in einem SOEP-Haushalt befragt werden. Er enthält
insbesondere rückblickende Fragen zur Schullaufbahn, zur Musikerziehung
und zu sportlichen Aktivitäten und zur aktuellen Situation (schulische
Leistung, Freizeitgestaltung, Jobben, Verhältnis zu den Eltern etc.).
Darüber hinaus wird nach (Aus-)Bildungsplänen und Erwartungen an die
berufliche und familiäre Zukunft gefragt. Die Jugenddaten sind mit den
für den gesamten Haushalt erhobenen Daten verknüpfbar und ermöglichen so
zahlreiche intergenerationale Analysen sowie Vergleiche mit jüngeren
oder älteren Geschwistern. Die Anonymität der Befragten wird dabei voll
gewahrt.
Die Studie:
When Growing Up Without a Parent Does Not Hurt: Parental Separation and
the Compensatory Effect of Social Origin. European Sociological Review,
31, 546-557. DOI: 10.1093/esr/jcv057.
http://esr.oxfordjournals.org/content/31/5/546.abstract
Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
Michael Grätz, E-mail: michael.gratz@EUI.eu
Monika Wimmer
Sozio-oekonomisches Panel (SOEP)
Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
http://www.diw.de/soep Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP)
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