Medizin am Abend Berlin Fazit: Nicht zu Lasten der Patienten!
Regensburger Klinika sehen stationäre Patientenversorgung vor neuen
finanziellen Engpässen und fordern Nachbesserungen beim
Krankenhausstrukturgesetz. Geplante Qualitätskriterien bisher nicht
transparent definiert. Keine nachhaltigen Maßnahmen gegen
Kapazitätsengpässe erkennbar.
Die vier Geschäftsführer der Regensburger Klinika fordern
Nachbesserungen beim Krankenhausstrukturgesetz. Christian Kuhl, Klaus
Fischer, Florian Glück, Kurt Häupl (v.l.n.r.).UKR
Das
Krankenhausstrukturgesetz in seiner jetzigen Form wird die
ohnehin schwierige Finanzlage der deutschen Kliniklandschaft weiter
verschärfen – darin sind sich Klaus Fischer, Kaufmännischer Direktor des
Universitätsklinikums Regensburg (UKR), Sabine Beiser und Dr. Andreas
Kestler, Geschäftsführer des Krankenhauses Barmherzige Brüder
Regensburg, Florian Glück, Geschäftsführer des Caritas-Krankenhauses St.
Josef Regensburg, sowie Kurt Häupl, Vorstand der medbo Medizinische
Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz, einig.
- Die geplante Ausweitung der
Abschläge für Mehrleistungen (Fixkostendegressionsabschläge), die
Abschaffung des Versorgungszuschlages und monetäre Qualitätsbewertungen
würden sich finanziell erheblich auswirken und die Versorgungsqualität –
auch mit Blick auf sich abzeichnende Kapazitätsengpässe – keineswegs
nachhaltig verbessern.
-
Das Krankenhausstrukturgesetz soll die Finanzierung der stationären
Patientenversorgung in Deutschland neu ordnen. Dabei sind keine
wesentlichen Budgetausweitungen durch die Bundesregierung vorgesehen,
sondern die vorhandenen Mittel sollen durch Änderungen am
Finanzierungsumfang effizienter eingesetzt werden.
- Das Gesetz wird im
November 2015 die zweite Lesung im Bundestag durchlaufen und soll zum 1.
Januar 2016 in Kraft treten.
Krankenversorgung am finanziellen Limit
„Wir können dieses Gesetz nicht für gut befinden, weil es die
Krankenhausfinanzierung in Deutschland nicht auf eine solide Basis
stellt,
sondern durch kreative Abschläge und wenig nachvollziehbare
Umverteilung die Budgets der Klinika eher drosselt“, warnt Klaus Fischer
vom UKR. So fordert zum Beispiel der im Gesetz vorgesehene
Fixkostendegressionsabschlag von den Klinika,
noch mehr in finanzielle
Vorleistung zu gehen – und das, obwohl noch nicht einmal die
Tarifsteigerungen der letzten Jahre in den Haushalten der Krankenhäuser
ausgeglichen wurden. „Mit Produktivitätssteigerungen kann man das nicht
auffangen – wir arbeiten am Limit“, gibt Sabine Beiser vom Krankenhaus
Barmherzige Brüder zu bedenken. „Man kann nicht einerseits politisch
fordern, die Leistungen der Pflegekräfte und Ärzte in Deutschland mehr
anzuerkennen und ihnen andererseits noch mehr Leistung abverlangen, um
die Defizite, die dieses Gesetz in die Klinikbudgets bringen wird,
auszugleichen“, stimmt auch Florian Glück vom Caritas-Krankenhaus St.
Josef zu.
-
Worum geht es genau? Das Problem der Abschläge für Mehrleistungen liegt
darin begründet, dass Klinika, die ihre Leistungen ausweiten, diese
aktuell drei Jahre lang nur zu 75% vergütet bekommen
(Mehrleistungsabschlag). Mit der Einführung des KHSG in seiner jetzigen
Form würde sich dies noch verschärfen, wenn Mehrleistungen ab dann für
fünf Jahre lang nur zu maximal 65% vergütet werden
(Fixkostendegressionsabschlag).
„Das zeigt, dass Leistungsausweitungen in der Krankenhausversorgung
finanziell bestraft werden und damit gar nicht erst stattfinden sollen“,
erläutert Klaus Fischer. „Wie aber können wir dann die
Herausforderungen der immer älter werdenden Gesellschaft bewältigen? Und
wie viel medizinischen Fortschritt kann sich unsere Gesellschaft dann
in Zukunft noch leisten?“, gibt Fischer zu bedenken.
Qualitätsoffensive mit erheblichen Qualitätsmängeln
Das Gesetz sieht außerdem vor, die Qualität der in deutschen Klinika
erbrachten Leistungen stärker zu bewerten und damit finanzielle Zu- und
Abschläge zu verknüpfen. „Der Gedanke der Qualitätsoffensive an sich ist
voll und ganz zu unterstützen, wenngleich gerade der Krankenhausbereich
wie kaum ein anderer Sektor in Deutschland bereits mit hoher
Transparenz arbeitet und vielfältige Qualitätssicherungsprozesse
realisiert hat“, merkt Dr. Andreas Kestler an.
Es müsse aber dringend
klargestellt werden, welche Qualitäten für die monetäre Bewertung dienen
sollen und anhand welcher Kriterien man diese messen und vergleichen
will. „Darauf gibt das Gesetz bisher keine Antwort“, so Dr. Kestler.
Auch bleibe zu befürchten, dass viele Klinika aufgrund personeller
Engpässe bei Pflege und / oder Ärzteschaft die künftigen
Qualitätsauflagen, insbesondere die damit einhergehenden Forderungen an
eine umfassende Patientendokumentation, gar nicht erfüllen können, dafür
mit finanziellen Abschlägen belegt werden und weiter ins Defizit
rutschen.
Kritische Stärkung des MDK
Die Qualitätskriterien selbst sind noch nicht näher definiert, wohl aber
legt das Krankenhausstrukturgesetz schon fest, dass die
Qualitätsvorgaben künftig vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen
(MDK) kontrolliert werden sollen. Dieser ist von den gesetzlichen
Krankenkassen finanziert. „Wir sind durchaus damit einverstanden, dass
Qualitätsvorgaben auch auf ihre Einhaltung kontrolliert werden müssen.
Aber wir sehen im MDK nicht die geeignete Institution hierfür“, erklärt
Florian Glück.
Qualitätskontrollen bedeuten Überprüfungen tief in die
Klinikstrukturen hinein. „Dies kann und darf nur von einer unabhängigen
Institution durchgeführt werden, die ja schon existiert“, so Glück.
Kürzungen statt Entlastungen
Darüber hinaus belasten weitere Regelungen des
Krankenhausstrukturgesetzes die Krankenhäuser.
„Der Wegfall des
Versorgungszuschlages im Jahr 2017 wirkt sich für unsere somatischen
Kliniken wie eine Preiskürzung um 0,8% aus. Eigentlich war ursprünglich
von Entlastungen für die Krankenhäuser die Rede“, konstatiert Kurt Häupl
von der medbo.
Zusätzlich wird bereits ab 2016 der
Verhandlungsspielraum für die Festsetzung der Krankenhausbudgets auf
maximal ein Drittel der Differenz zwischen Grundlohnrate und
Orientierungswert begrenzt. Zuletzt war die volle Differenz
verhandelbar.
Forderungen an die Politik formuliert
Die vier Regensburger Klinika haben Ihre Bedenken am
Krankenhausstrukturgesetz in einem Positionspapier zusammengefasst und
fordern die Bundestagsabgeordneten sowie die Bundesregierung auf, die
breite Kritik aus der Krankenhauslandschaft ernst zu nehmen und das
Gesetz nachzubessern. „Die Mitarbeiter in unseren Krankenhäusern
arbeiten Tag und Nacht dafür, dass jeder Patient adäquat versorgt wird,
dass medizinischer Fortschritt zu mehr Heilungserfolgen führt und dass
bei allem wirtschaftlichen Druck, der auf dem Gesundheitswesen lastet,
nie die menschliche Komponente verlorengeht.
Das
Krankenhausstrukturgesetz in der jetzigen Formulierung würde diese
Qualitätsmerkmale der stationären Patientenversorgung nachhaltig
beeinträchtigen“, so die vier Geschäftsführer und Vorstände.
Zeichen setzen beim bundesweiten Aktionstag
Am Mittwoch, dem 23. September 2015, ruft die Deutsche
Krankenhausgesellschaft (DKG) zu einem bundesweiten Aktionstag auf, um
auf die Mängel des Krankenhausstrukturgesetzes aufmerksam zu machen.
Auch Regensburger Klinika beteiligen sich daran:
- Universitätsklinikum Regensburg: 12:15 – 12:45 Uhr „Aktive Mittagspause“ der
Mitarbeiter mit Luftballon-Aktion vor dem Haupteingang
- Krankenhaus Barmherzige Brüder: 12:00 – 12:15 Uhr „Aktive Mittagspause“ vor dem
Haupteingang und Beteiligung an der Hauptveranstaltung in Berlin
- Caritas-Krankenhaus St. Josef: 13:00 – 13:30 Uhr „Aktive Mittagspause“ vor dem
Haupteingang,
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