Medizin am Abend Berlin Fazit: Heirat und Kinder? Noch immer eine Frage der Konfession
Immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus und dennoch
beeinflusst die Religionszugehörigkeit noch immer stark unser Leben.
Dies zeigt sich besonders im Hinblick auf die Familienbiographien in
Deutschland. Wann wir bei den Eltern ausziehen, wann wir heiraten und
wann oder wie viele Kinder wir bekommen hängt weiterhin maßgeblich von
unserer Konfession bzw. Konfessionslosigkeit ab.
In Deutschland weisen sinkende Mitgliederzahlen bei den großen
Volkskirchen
auf eine zunehmende Säkularisierung der Gesellschaft hin.
Mit der Zunahme der Säkularisierung nimmt auch der Einfluss der Kirche
auf das private Familienleben ab. Dennoch, so weist Dr. Stefan Weick vom
GESIS-Leibniz – Institut für Sozialwissenschaften nach, bleiben
f
amilienbiografische Entscheidungen noch immer abhängig von der
Religionszugehörigkeit, wenn auch teilweise in anderer Form als dies
traditionell der Fall war. Diese Veränderung hängt vor allem mit der
Tatsache zusammen, dass einhergehend mit der Abnahme der Zugehörigkeit
zur katholischen oder evangelischen Kirche
eine Zunahme der
Mitgliedschaften anderer christlicher Gemeinschaften und vor allem
nicht-christlicher Religionsgemeinschaften, insbesondere dem Islam (84 %
der nicht-christlichen Religionsgemeinschaften), zu verzeichnen sind.
Anhand seiner Untersuchung
zum Timing familienbiographischer Ereignisse
von Frauen auf Basis von Daten der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der
Sozialwissenschaften ALLBUS konstatiert Weick zunächst, dass die
besonders
stark angewachsene Gruppe derjenigen, die ohne konfessionelle
Bindung leben, im Durchschnitt das Elternhaus früher verlässt, eine
deutlich geringere Heiratsneigung verspürt und auch eine geringere
Bereitschaft zur Geburt von Kindern zeigt, als die Gruppe derjenigen,
die einer Konfession angehören.
Die Angehörigen der beiden großen Konfessionen in Deutschland sind sich
hinsichtlich ihrer Familienbiographie relativ ähnlich,
so heiraten
Katholikinnen beispielsweise nicht später als Protestantinnen.
Allerdings stellt Weick auch signifikante Unterschiede fest:
So zeigt
sich, dass Katholikinnen länger im Elternhaus verweilen und die Tendenz
zur Familienerweiterung auf dritte und vierte Kinder erkennbar stärker
ist als bei Protestantinnen.
Angehörige seltener vorkommender Religionsgemeinschaften, die aber seit
den 1990er Jahren einen beachtlichen Zuwachs erfahren haben,
unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Familienbiografie deutlich von
Mitgliedern der großen Konfessionen.
Dies betrifft vor allem
Angehörige
nicht-christlicher religiöser Gruppen die durch die Zuwanderungsprozesse
in Deutschland an Bedeutung gewonnen haben und dem
Säkularisierungsprozess entgegenstehen. Hier ist zunächst eine größere
Bereitschaft zur Eheschließung zu verzeichnen.
Besonders auffallend ist
in dieser Gruppe jedoch die ausgeprägte Neigung zum dritten und vierten
Kind.
So ist die Übergangsrate für dritte Kinder mehr als dreimal und
für vierte Kinder sogar mehr als sechsmal so hoch als bei
protestantischen Frauen in Deutschland.
Lebensverläufe von Frauen
nicht-christlicher Religionsgemeinschaften sind damit nicht nur durch
eine höhere Neigung zur Eheschließung gekennzeichnet, sondern
insbesondere durch die Tendenz zur Familienerweiterung.
Weick
interpretiert diese Tatsache dahingehend, dass weniger eine
übergreifende Lehrmeinung zu Sexualität, Ehe und Fertilität wie sie
beispielsweise in der katholischen Kirche vertreten wird, die
Familiengründung und -erweiterung beeinflussen als
eher allgemeine
normative Erwartungen in den einzelnen Religionsgemeinschaften.
Die ganze Studie mit weiteren Informationen finden Sie im
Informationsdienst Soziale Indikatoren ISI 54, den sie entweder in
gedruckter Form bestellen können oder hier zum Download finden:
http://www.gesis.org/fileadmin/upload/forschung/publikationen/zeitschriften/isi/...
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Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
Dr. Stefan Weick, GESIS
Stefan.weick@gesis.org
Dr. Sophie Zervos
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften
Unter Sachsenhausen 6-8, 50667 Köln
Tel: + 49 (0) 221-47694-136
sophie.zervos@gesis.org
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