Medizin am Abend Fazit:
Daten aus dem globalen Register zur Behandlung von Vorhofflimmern zeigen eine mangelhafte Antikoagulationskontrolle und erhöhte Mortalitäts- und Schlaganfallraten
Einjahresergebnisse des GARFIELD-AF-Registers zeigen eine mangelhafte VKA-Kontrolle und erhöhte Mortalitäts- und Schlaganfallraten bei Patienten mit neudiagnostiziertem Vorhofflimmern (VF) --
Praxis-Daten von nahezu 17.200 im weltweiten Antikoagulationsregister im Bereich Vorhofflimmern (Global Anticoagulant Registry in the Field - Atrial Fibrillation, GARFIELD-AF) erfassten Patienten bestätigen, dass eine unzureichende Antikoagulationstherapie mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) sowie ein hoher Risikoscore mit einem gesteigerten Mortalitäts- und Schlaganfallrisiko bei Patienten mit nicht-vaskulärem VF in Zusammenhang stehen.
Diese Erkenntnisse werden heute in zwei Vorträgen beim Kongress der International Society on Thrombosis and Haemostasis (ISTH) 2015 vorgestellt.
"Patienten mit neu diagnostiziertem Vorhofflimmern, die im GARFIELD-AF-Register erfasst sind, tragen im ersten Jahr nach der Diagnosestellung eine schwere Last an der Krankheit", erklärte Professor Ajay Kakkar, Professor of Surgery am University College London und Direktor des Thrombosis Research Institute. "Die kürzlich im Rahmen der GARFIELD-AF-Studie vorgelegten Daten unterstreichen den Nutzen einer effektiven Antikoagulationstherapie bei geeigneten Patienten mit neu diagnostiziertem Vorhofflimmern."
Die Präsentationen auf dem ISTH-Kongress behandelten die folgenden Themen:
Risikoprofile und Einjahresergebnisse von Patienten mit frisch diagnostiziertem Vorhofflimmern: Ergebnisse aus GARFIELD-AF
Das Auftreten von Schlaganfällen/systemischen Embolien, Todesfällen und schweren Blutungen im ersten Jahr nach der Erstdiagnose eines nicht-valvulären Vorhofflimmerns wurde im Hinblick auf die patientenspezifischen Basischarakteristika und die antithrombotische Behandlung nach der Diagnose analysiert. Die Ergebnisse zeigten, dass:
- Mortalität die schwerwiegendste Krankheitsbelastung im ersten Jahr nach einer VF-Diagnose ist. - höhere Risikoscores (CHA2DS2-VASc und HAS-BLED) mit einem erhöhten Risiko für Todesfälle, Schlaganfall/Systemische Embolie (SE) und grössere Blutungen einhergehen. - Rauchen, ein Lebensalter von 75 Jahren oder älter, fehlende Antikoagulationstherapie und Nierenkrankheit ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für Todesfälle, Schlaganfall/Systemische Embolie (SE) und grössere Blutungen in Zusammenhang stehen. - Herzinsuffizienz bei Studienbeginn mit einem erhöhten Sterberisiko einhergeht, Bluthochdruck zu Studienbeginn jedoch das Sterberisiko reduziert.
Qualität der Vitamin-K-Antagonisten-Kontrolle und Einjahresergebnisse: eine globale Sicht auf das GARFIELD-AF-Register
Die Studie analysierte die Zeit im therapeutischen Bereich (Time in Therapeutic Range, TTR) und die optimale internationale normalisierte Ratio (unter Anwendung eines INR-Bereichs von 2,0 bis 3,0) bei Patienten mit neu diagnostiziertem nicht-vaskulärem Vorhofflimmern in Bezug zu Demographie, Behandlungssituation und Einjahresergebnissen. TTR ist ein Indikator für die Qualität der VKA-Kontrolle und kann auch als Ergebnisindikator herangezogen werden. Die europäischen Leitlinien zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfehlen einen TTR von bis zu 70 %[1]. Die Ergebnisse zeigen, dass:
- eine mangelhafte VKA-Kontrolle mit einem erhöhten Mortalitäts- und Schlaganfall-/SE-Risiko in Verbindung steht. - eine Erhöhung des TTR von 60 % auf 70 % das Schlaganfall-/SE-Risiko reduzieren kann. - Patienten, die in einem Krankenhaus diagnostiziert wurden, seltener eine gute Kontrolle aufweisen als Patienten, die in Antikoagulantien-Kliniken/Thrombosezentren oder entsprechenden Praxen diagnostiziert wurden. - starker Alkoholkonsum bei Patienten mit einer mangelhaften Kontrolle häufiger vorkommt. - eine gute VKA-Kontrolle allgemein von grosser klinischer Bedeutung ist.
Diese neuen GARFIELD-AF-Analysen basieren auf Daten aus den Kohorten 1 und 2, die 17.168 zwischen 2010 und 2013 rekrutierte Patienten umfassen.
GARFIELD-AF ist eine unabhängige akademische Forschungsinitiative und wird von einem internationalen Lenkungsausschuss unter der Schirmherrschaft des Thrombosis Research Institute (TRI) in London, Vereinigtes Königreich, geführt. Bislang konnte GARFIELD-AF mehr als 40.000 Patienten mit neu diagnostiziertem Vorhofflimmern aus 35 Ländern anwerben; somit ist es eine der grössten Beobachtungsstudien in diesem Behandlungsbereich. Die Anwerbephase für die 5. Kohorte beginnt demnächst, und das Register wird schliesslich bis zu 57.000 Patienten umfassen.
Über das GARFIELD-AF-Register
GARFIELD-AF ist eine beobachtende, multizentrische internationale Prospektivstudie über Patienten mit neu diagnostiziertem VF. Es ist darauf ausgerichtet, bis zu 57.000 Patienten in mindestens 1.000 Zentren in 35 Ländern in den Regionen Amerikanischer Doppelkontinent, Ost- und Westeuropa, Asien, Afrika und Australien prospektiv zu beobachten. Die Gründung des Registers fiel zusammen mit dem Beginn der Ära der VF-Therapien mit neuen oralen Antikoagulantien (NOAK, nicht Vitamin-K-Antagonisten).
Das heutige Verständnis von VF basiert auf den bei kontrollierten klinischen Studien gesammelten Daten. Diese Studien sind wesentlich für die Bewertung und Sicherheit neuer Behandlungsmethoden, sind aber in Bezug auf die klinische Praxis nicht repräsentativ, und folglich herrscht weiterhin Unsicherheit über die Belastung im wirklichen Leben und den Umgang mit dieser Krankheit. GARFIELD-AF zielt darauf ab, Einblicke in die Wirkung der Antikoagulantientherapie hinsichtlich thromboembolischer Komplikationen und Blutungskomplikationen zu liefern, die bei dieser Patientenpopulation beobachtet wurden. Es sorgt für ein tieferes Verständnis in Bezug auf Verbesserungsmöglichkeiten der behandlungstechnischen und klinischen Ergebnisse unter einer repräsentativen und gemischten Patientengruppe und über unterschiedliche Populationen hinweg. Damit sollten Ärzte und Gesundheitssysteme in die Lage versetzt werden, Innovationen angemessen zu nutzen, um die besten Ergebnisse für Patienten und Populationen sicherzustellen.