Medizin am Abend Fazit: Hautkrebs schnell erkennen
Der »Schwarze Hautkrebs« ist aggressiv und lebensbedrohlich. Wird er
nicht frühzeitig erkannt, sinken die Heilungschancen – doch die
Vorsorgeuntersuchungen sind kompliziert. Fraunhofer-Forscher haben mit
mehreren Projektpartnern ein Assistenzsystem entwickelt, das
Dermatologen bei der Diagnostik unterstützt.
Mit dem Dermascanner wird die Hautoberfläche des Patienten aus verschiedenen Positionen gescannt. © Dirk Mahler/Fraunhofer IFF
Jedes Jahr erkranken laut der Deutschen Krebsgesellschaft rund
200.000 Menschen an Hautkrebs.
Besonders gefährlich ist der »schwarze«
Hautkrebs: Dringt dieser erst einmal in tiefere Hautschichten ein,
sinken die Heilungschancen auf unter 10 Prozent.
Regelmäßige
Vorsorgeuntersuchungen sind der einzige Weg, um kritische
Hautveränderungen frühzeitig zu erkennen. Der Arzt inspiziert dazu mit
einem Dermatoskop – einem Mikroskop, mit dem er bis in tiefere
Hautschichten hinein sehen kann –
atypische Leberflecken, Experten
nennen sie
Nävuszellnävi, auf Merkmale wie Größe, Textur und Umrandungen
und beobachtet, ob sie sich im Laufe der Zeit verändern. Da die meisten
Menschen viele davon haben, ist das eine zeitaufwändige Prozedur. Zudem
ist es schwierig, Veränderungen wie etwa das Wachstum einzelner
Leberflecke im Auge zu behalten, da sie der Arzt bei der nächsten
Untersuchung oft nicht zweifelsfrei identifizieren kann.
Ganzkörperscanner unterstützt Hautdiagnostik
Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung
IFF entwickelten auf Initiative und gemeinsam mit der
Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie Magdeburg sowie den
Partnern Dornheim Medical Images GmbH und Hasomed GmbH einen
dermatologischen Ganzkörperscanner, der Ärzte künftig bei der
Hautdiagnostik unterstützen soll:
»Der Scanner liefert standardisierte
Daten, um die Haut zu beurteilen. Er ermöglicht zugleich eine
verbesserte Verlaufsdokumentation jedes einzelnen aufgefallenen
Leberflecks«, sagt Dr. Christian Teutsch vom IFF.
Zu Beginn der
Untersuchung wird die Hautoberfläche des Patienten aus verschiedenen
Positionen gescannt und in etwa 100 Einzelbilder unterteilt. Solche
bildbasierten Dokumentationen gibt es bereits. »Der Knackpunkt ist aber,
dass man allein anhand der Aufnahmen die tatsächliche Größe und
Wachstumsveränderungen nicht eindeutig erkennen kann«, erklärt Teutsch.
Der Dermascanner erstellt daher zusätzlich 3D-Messdaten, die mit den
2D-Aufnahmen fusioniert werden. Dadurch wird jedem einzelnen Pixel im
Bild ein Maßstab zugeordnet. Damit dies funktioniert, integrieren die
Experten mehrere 3D-Sensoren in den Scanner. Die Sensoren und Kameras
werden kalibriert, so dass ihre räumliche Lage exakt bekannt ist.
Treffen nun Lichtstrahlen aus der Kamera auf den Leberfleck, kann man
ihnen einen genauen 3D-Abstand zuordnen. Selbst wenn verschiedene
Aufnahmen nicht aus der exakt gleichen Entfernung aufgenommen wurden –
was kaum möglich ist – kann der Arzt
anhand des Maßstabs die
tatsächlichen Größenverhältnisse eindeutig bestimmen. Die Messdaten und
Bildaufnahmen werden in eine Analysesoftware eingespeist, dort
ausgewertet und durch eine automatische Klassifizierung vorsortiert.
Existieren Verlaufsaufnahmen früheren Datums, vergleicht die Software
diese mit den aktuellen Bildern.
»Mit unserer Technologie erkennt man
ein Wachstum ab einem halben Millimeter«, sagt Teutsch. Ein weiterer
Vorteil: Die 3D-Messdaten erlauben dem Arzt eine eindeutige
Re-Lokalisierung jedes einzelnen Leberflecks.
»Es kommt häufig vor, dass ein einzelner Patient mehrere hundert
Leberflecke aufweist«, berichtet Prof. Dr. Harald Gollnick, Direktor der
Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie. Wenn sich ein
solcher Hochrisikopatient nach einiger Zeit erneut beim Arzt vorstellt,
lässt sich bei einer mit Pigmentmalen übersäten Haut mit herkömmlichen
Untersuchungsmethoden nicht nachvollziehen, ob Stelle und Größe der
Leberflecke noch identisch sind. Gollnick: »Mit dem neuen
Ganzkörper-Hautkrebs-Früherkennungssystem ist erstmals eine annähernd
standardisierte Beurteilung von Zustand und Veränderungen der Haut
möglich.«
»Die Diagnose selbst ist und bleibt Sache des Arztes«, betont Teutsch.
Dazu stehen dem Arzt sowohl die Messergebnisse als auch die
Bildaufnahmen mit einer zusätzlichen 3D-Tiefenkarte zur Verfügung, auf
der die Entfernung der einzelnen Pixel in der Aufnahme verzeichnet ist.
Da schon minimale Veränderungen eines atypischen Leberflecks von
Bedeutung sein können, müssen die Mess- und Bilddaten zu jedem Zeitpunkt
und auch zwischen verschiedenen Geräten vergleichbar sein. Ein weiterer
wichtiger Aspekt der Entwicklung war daher die Standardisierung des
Dermascanners – ebenfalls eine Expertise des IFF: »Wir kalibrieren alle
relevanten Bestandteile wie zum Beispiel Lichtquellen und rechnen die
Bildaufnahmen in einen einheitlichen Farbraum um«, erklärt Teutsch. Dies
stellt sicher, dass Effekte wie etwa ein Nachlassen der Leuchtstärke im
Laufe der Zeit die Ergebnisse nicht beeinflussen.
Der Dermascanner steht kurz vor der Marktreife, erste Pilotanlagen
wurden realisiert. Kürzlich wurde das Projektteam zudem für seine
Entwicklung vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft mit dem
Hugo-Junkers-Preis 2014 für Forschung und Innovation aus Sachsen-Anhalt
ausgezeichnet (www.hugo-junkers-preis.de).
Hinweis: Nun steht die Suche nach
Investoren an, um den Hautscanner in die Serienproduktion zu bringen.
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