Medizin am Abend Fazit: Unfruchtbarkeit, Impotenz, Damenbart und Akne Die dunklen Seiten der Anabolika
Testosteron und seine Abkömmlinge, die anabolen androgenen
Steroide (AAS), fördern nicht nur den Aufbau der Muskeln, sondern
angeblich auch die sexuelle Leistungsfähigkeit von Männern und Frauen.
Das jedenfalls versprechen viele Anbieter von Anabolika im Internet. Sie
verschweigen dabei, dass Anabolika negative Auswirkungen auf Potenz und
Sexualleben haben können. Auch die Hoffnung auf einen schöneren Körper
kann schnell enttäuscht werden, wenn sich unter hohen Dosierungen
gefährliche Nebenwirkungen entwickeln, warnen Experten der Deutschen
Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) im European Journal of
Endocrinology.
Testosteron wird natürlicherweise im Hoden gebildet und fördert
nicht nur die Bildung der Spermien, sondern ist auch für die Ausbildung
und Erhaltung des männlichen Körpers verantwortlich. Wird das Hormon
oder eines seiner Varianten von außen zugeführt, kann dies schnell die
gegenteilige Wirkung haben.
„Ab einer gewissen Dosis wird die
Spermienbildung so weit gedrosselt, dass die Männer unfruchtbar werden“,
erklärt Professor Dr. med. Dr. h. c. Eberhard Nieschlag. „Testosteron
ist deshalb sogar als Verhütungsmittel für den Mann in der Diskussion“,
fügt der ehemalige Direktor des heutigen Centrums für
Reproduktionsmedizin und Andrologie am Universitätsklinikum Münster
hinzu, der als Spezialist im Einsatz von Testosteron bei Erkrankungen
mit Unterfunktion der Hoden gilt.
Einen chronischen Missbrauch des Hormons kann der international
renommierte Experte manchmal an der Größe der Hoden erkennen. „Da 95
Prozent des Hodens aus den Samenkanälchen bestehen, tritt mit dem Mangel
an Spermien auch ein Schrumpfungsprozess der Hoden ein“, erklärt
Professor Nieschlag. Betroffen sind aber nicht nur die Hoden.
Bei
einigen Anabolika-Anwendern komme es auch zu einem Verlust von Libido
und Erektionsfähigkeit. Der Endokrinologe erklärt dies mit der
Verstoffwechselung einiger Anabolika zu Östrogenen. Ein Überschuss
dieser weiblichen Hormone kann dazu führen, dass nicht nur die Muskeln
wachsen, sondern sich auch eine weibliche Brust (Gynäkomastie genannt)
bildet.
Auch bei Frauen ist die regelmäßige Einnahme von muskelfördernden AAS
häufig mit Störungen der Fruchtbarkeit verbunden.
„Zyklusstörungen oder
ein längeres Ausbleiben der Menstruation sind eine häufige Folge des
Anabolikakonsums“, berichtet Dr. med. Elena Vorona vom Zentrum für
Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie in Dortmund. Starke
sportliche Aktivität aber auch Essstörungen können die Fruchtbarkeit
weiter beeinträchtigen, erklärt die Mitautorin des Fachartikels. Der
Einfluss der einzelnen Faktoren sei für Reproduktionsmediziner häufig
schwer voneinander zu trennen. Auffällig sei aber, dass sportliche
Frauen mit Anabolikamissbrauch oft die geringsten Chancen auf eine
Schwangerschaft haben.
Äußerst störend sind für viele Frauen auch die Auswirkungen von
Anabolika auf die Haut. Die vermehrte Talgproduktion führt zu einer
fettigen Haut, die zur Akne neigt.
Viele Frauen leiden auch darunter,
dass Anabolika Bartwuchs fördern. Gleichzeitig komme es zum vermehrten
Ausfall der Haupthaare. Auch eine Verkleinerung der Brüste könne das
Selbstbild vieler Frauen stören. Die meisten dieser Wirkungen bilden
sich nach dem Absetzen der Hormone zurück, erklärt die Expertin. Eine
Vertiefung der Stimme, die auf einer Vergrößerung des Kehlkopfs beruht,
bleibe allerdings bestehen.
Andere Risiken, die Androgenen häufig nachgesagt werden, haben sich in
Studien nicht bestätigt. Die Anabolika führten weder zur Vergrößerung
der Prostata noch kommt es hier häufiger zum Auftreten neuer
Krebserkrankungen. Auch bei Frauen, welche Androgene zum Doping
zugeführt haben, gebe es keinen Hinweis auf ein erhöhtes
Brustkrebsrisiko. Es kann jedoch zu schweren Schädigungen von Leber,
Herz und Psyche kommen, berichtet DGE-Mediensprecher Professor Dr. med.
Dr. h. c. Helmut Schatz, Bochum:
„In den Händen eines versierten Arztes
sind Testosteron-Präparate ein sicheres Medikament. Die Einsatzgebiete
reichen von der gezielten Einleitung der Pubertät bei
Entwicklungsstörungen von Knaben bis zur gezielten Behandlung des
Androgenmangels im Alter.“
Literatur:
Nieschlag E., Vorona E.: Mechanism in Endocrinology: Medical
consequences of doping with anabolic androgenic steroids (AAS): effects
on reproductive functions. Eur J Endocrinol. 2015 Mar 24. pii:
EJE-15-0080. Artikel:
http://eje-online.org/content/early/2015/03/24/EJE-15-0080.long
*****************************************************************************
Medizin am Abend DirektKontakt
Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)
Dagmar Arnold
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Telefon: 0711 8931-380
Fax: 0711 8931-167
arnold@medizinkommunikation.org
http://www.endokrinologie.net